6. Dezember 2016

Offener Massnahmenkatalog

Im offenen Massnahmenkatalog sind Vorschläge und Forderungen zur Förderung der Verständigung zwischen den Sprachregionen aus verschiedenen Katalogen oder weiteren Dokumenten der letzten Jahre gebündelt, die hauptsächlich im Rahmen von Tagungen und Seminaren entstanden. Sie betreffen sowohl Massnahmen, die zumindest teilweise bereits berücksichtigt werden als solche die noch auf eine Umsetzung warten.

Vorschläge und Forderungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der Diskussion über die Sprachenpolitik entstanden und zu politischen Entscheiden führten (z.B. Umsetzung eines Sprachen- und Verständigungsgesetzes des Bundes, Einführung von zwei Fremdsprachen in der Primarschule in allen Kantonen) sind in diesem Katalog nicht mehr aufgeführt. Die Angaben beziehen sich auf allgemeine Überlegungen oder aber auf sehr präzise und konkrete Forderungen. Einige davon erscheinen möglicherweise schwer realisierbar oder sogar unrealistisch. Auch sie liefern jedoch Impulse für neue Ideen, deren Umsetzung plötzlich möglich wird. Dieser Katalog wird laufend ergänzt.

Ihre Bemerkungen und Anregungen zum «Offenen Massnahmenkatalog» sind willkommen.

 

Sprachen und Bildung

Fremdsprachenunterricht

  • Durch den Fremdsprachenunterricht eher eine passive Sprachkompetenz und eine gute Kommunikationsfähigkeit als eine einwandfreie Ausdrucksweise der Sprache erzielen, die nur eine Minderheit erlangen kann.
  • Den Fremdsprachenunterricht auch in der Berufsbildung aufwerten.
  • Alle Bestrebungen zum Erlernen der Fremdsprache mit der Methode des Immersion-Unterrichts unterstützen.
  • Auf allen Ebenen der Sekundarstufe zwei ein zweisprachiges Unterrichtsangebot gewährleisten.
  • Den Schülerinnen und Schülern, die sich ohnehin mehr durch das Englische angezogen fühlen, die Bedeutung der Landessprachen für die politische Kultur der Schweiz, für das Mitwirken als Bürgerin und Bürger an den Entscheidungsprozessen und für die beruflichen Chancen aufzeigen.
  • Das Angebot an ausserschulischen Sprachkursen für Jugendliche erweitern. 

Austausche und Praktika

  • Die interkulturellen Austauschaktivitäten für Jugendliche auf Landesebene unterstützen, damit sie nicht mehr als Ausnahme, sondern als fester Bestandteil der Bildung betrachtet werden.
  • Institutionelle Strukturen für den Austausch und für Praktika von längerer Dauer auf Ebene der Sekundarstufe zwei einrichten (z.B. Anerkennung des Studiengangs einer anderen Schule, Partnerschaft zwischen zwei Schulen).
  • Den Lehrlingsaustausch weiter entwickeln, unter Mitwirkung des BBT (welches z.B. Lehrlingen, die einen Aufenthalt in einer anderen Sprachregion machen, Kredite gewähren könnte), der Wirtschafts- und Berufsverbände, der kantonalen Berufsbildungsämter und der Unternehmen.
  • Den Hochschulaustausch zwischen den verschiedenen Sprachregionen entwickeln, z.B. indem wenigstens ein Studiensemester an der Universität einer anderen Sprachregion Bestandteil des Studiengangs wird.
  • Die ständige pädagogische Betreuung und Auswertung der Austauschprogramme verstärken.
  • Praktika oder Austauschaufenthalte (z.B. von sechs Monaten) für sich in der Ausbildung befindende Lehrkräfte fördern, damit sie die positiven Eindrücke einer solchen Erfahrung ihren Schülerinnen und Schülern übermitteln.
  • Für Lehrende einen Weiterbildungsurlaub in einer anderen Sprachregion mit freier Wahl des Inhalts fördern. 

Sonstiges

  • Suprakantonale Strukturen für das Schweizer Schulwesen fördern, um zu verhindern, dass die Kantonalisierung der Pflichtschule ein Hindernis für die Realisierung von Projekten von grösserer Tragweite bleibt.
  • Im ganzen Bereich Austausch und Spracherwerb eine bessere institutionelle Zusammenarbeit zwischen den kantonalen Erziehungsdepartementen, dem Bund und den zuständigen kantonalen und regionalen Stellen fördern.
  • Die Mobilität der Studierenden fördern, namentlich durch eine tatsächliche gegenseitige Anerkennung der Diplome. 
  • Den Schülerinnen und Schülern aus der französischen und italienischen Schweiz Möglichkeiten anbieten, ein passives Verständnis der Deutschschweizer Mundarten zu erwerben.

Jugend

  • Jugendliche aus den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz durch gemeinsame ausserschulische und teilweise nicht auf die Sprachen fokussierte Aktivitäten (z.B. in den Bereichen Sport, Musik, Theater, Informatik, im Rahmen von Austauschforen und -börsen usw.) zusammenführen.
  • Ein Schweizer Jugendzentrum einrichten, welches, ähnlich wie das Europäische Jugendzentrum, den Verantwortlichen für ausserschulische Jugendarbeit Sprachkurse anbietet.
  • Den gegenseitigen Informationsaustausch zwischen den Jugendverbänden und -medien, namentlich aus den verschiedenen Sprachregionen, und die Koordination ihrer Aktivitäten fördern.

Medien

Medien allgemein

  •  Aufenthalte von Medienschaffenden in den anderen Sprachregionen fördern (vgl. auch Angebot der Oertli-Stiftung unter «Printmedien»).
  • Die Medienschaffenden dazu ermuntern, den anderen Sprachregionen mehr Platz in Sendungen und Artikeln einzuräumen, um sie der Öffentlichkeit vertrauter zu machen.
  • Die Medienschaffenden dazu einladen, vermehrt über die positiven und konstruktiven Seiten der interkulturellen Beziehungen zu berichten, insbesondere über die zahlreichen Austauschprojekte.
  • Die Tradition des Pressespiegels über die anderen Sprachregionen des Landes pflegen und fördern.
  • Zwei-, bzw. mehrsprachige Sendungen und Zeitungen entwickeln und fördern.
  • Den Austausch von Artikeln und Sendungen fördern, die unverändert übernommen oder in die Sprache der jeweiligen Region angepasst werden könnten.
  • Posten von Korrespondentinnen und Korrespondenten in den Sprachregionen aufrechterhalten bzw. wieder eröffnen.
  • Kontakte, bzw. Austauschaktivitäten zwischen den Medienausbildungszentren in den Sprachregionen fördern und die Verständigungsthematik in die Ausbildung integrieren. 

Elektronische Medien

  •  Den Empfang von nationalen Radio- und Fernsehprogrammen in allen Regionen der Schweiz gewährleisten.
  • Das Angebot an Sendungen in Originalsprache mit Untertiteln fördern. Somit könnte der Spracherwerb im Rahmen einer Freizeittätigkeit gefördert werden.
  • Den Einsatz der verfügbaren audiovisuellen Techniken optimieren, indem z.B. die Übertragung von Sendungen von nationaler Tragweite mit Simultanübersetzung gefördert wird.
  • Die Sprachkompetenz im Hochdeutschen bei den Deutschschweizer Moderatoren erhöhen, damit es ihnen leichter fällt, Sendungen auch auf Hochdeutsch zu moderieren.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SRG SSR ermutigen, einen Turnus in den verschiedenen Sprachregionen zu machen, damit sie die Realitäten der anderen Landesteile besser kennen lernen und sie dem Publikum besser vermitteln können.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fernsehen der deutschen, der französischen und der italienischen Schweiz einladen, vermehrt Sendungen – auch solche, die getrennt in den jeweiligen Sprachen gezeigt werden – gemeinsam zu gestalten und herzustellen. 

Printmedien

  •  Vermehrt Hintergrundartikel verfassen, welche die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten zwischen den Sprachgemeinschaften auf konstruktive Art und Weise aufzeigen.
  •  Die Übernahme von Berichten, Kolumnen usw. in einer anderen Landesprache fördern.
  •  Vermehrte Nutzung des Angebots der Oertli-Stiftung fördern (bezahlte Aufenthalte für Medienschaffende in einer anderen Sprachregion des Landes).

Wirtschaft

  • die Unternehmen dazu einladen, neben den profitorientierten Wirtschafts­vorgaben vermehrt auch den schweizerischen kulturpolitischen Interessen sowie ihrem soziokulturellen Umfeld Rechnung zu tragen.
  • Die Wirtschaftkreise auf das innovative Potential der Sprachenvielfalt für die Unternehmenskultur aufmerksam machen und bei den Unternehmen das Bewusstsein dafür erwecken, dass die Mehrsprachigkeit in der Wirtschaft einen wissenschaftlich bewiesenen Mehrwert erbringen kann.
  • Austausche und Praktika auf der Ebene der Auszubildenden (vgl. «Austausche und Praktika») fördern, aber auch weniger bekannte Austauschmöglichkeiten auf der Personalebene eines Unternehmens nutzen.

Weitere Bereiche

  • generell auf allen Ebenen der Schweizer Gesellschaft Anstrengungen unternehmen, damit die Mehrsprachigkeit und die kulturelle Vielfalt nicht als Hindernisse, sondern als einzigartige Chancen wahrgenommen werden.
  • Die zahlreichen möglichen Austauschaktivitäten über die Sprachgrenzen im kulturellen Bereich fördern (Literatur, Kunst, Film, Musik, Theater, Volkskultur usw.).
  • Gemeinde- und Städtepartnerschaften zwischen den Sprachregionen der Schweiz fördern.
  • Austauschforen und Informationsnetze über Institutionen einrichten bzw. stärken, die sich im Bereich Austausch und Verständigung einsetzen.
  • Tagungen und Treffen zum Thema der interkulturellen Verständigung regelmässig durchführen, um die erforderlichen Überlegungen zur Thematik zu vertiefen und um die Realisierung von konkreten Mass­nahmen zu begleiten.
  • Die zahlreichen Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen, die im Bereich der Mehrsprachigkeit und der Verständigung zwischen den Sprachregionen eine unerlässliche Arbeit verrichten.
  • Auch für Erwachsene ausserhalb des Schulbereichs und für ältere Menschen interkulturelle Begegnungs- und Austauschprogramme unterstützen.
  • Den Erwachsenen und älteren Menschen Möglichkeiten bieten, sprachliche Kompetenzen in den vier Landessprachen zu erwerben und zu pflegen.
  • Das Potential der Armee im Verständigungsbereich (aufgrund der Zunahme der sprachgemischten Kurse) bewusst nutzen und die Fremdsprachkompetenzen der Offiziere gezielt mit Sprachkursen fördern.
  • Die zwei- und mehrsprachigen Gemeinden und Kantone sowie die Städte mit grossen anderssprachigen Gemeinschaften für ihre Bestrebungen zugunsten der Mehrsprachigkeit in der Verwaltung finanziell unterstützen.
  • Massnahmen für eine mehrsprachige Bundesverwaltung, insbesondere für eine angemessene Vertretung der sprachlichen Minderheiten fördern.
  • Konkrete Möglichkeiten prüfen, um der Italienischen Schweiz einen permanenten Sitz im Bundesrat zu gewährleisten.

KATEGORIE: Publikationen
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