19. November 2016
Röstigraben
Mit Röstigraben bezeichnet man einerseits den Unterschied in den Mentalitäten von Deutschschweizern und Romands, andererseits den latenten Konflikt zwischen der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit der Schweiz und der frankophonen Minderheit.
Gerne wird der Röstigraben mit dem Lauf der Saane (Sarine auf Französisch) bei Freiburg gleichgesetzt, obwohl er – gäbe es ihn topografisch – natürlich die gesamte Sprachgrenze zwischen Deutschschweiz und Romandie umfassen würde.
Der Begriff wird regelmässig bei Volksabstimmungen – auch künstlich – bemüht, wenn gegensätzliche Abstimmungsverhalten in den beiden Sprachregionen vorliegen. Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass meistens nicht die gesamte Romandie oder Deutschschweiz kompakt anders gestimmt haben und dass oft vielmehr ein Stadt-Land-Gefälle vorliegt. Auf Französisch spricht man übrigens von einem Röstivorhang (rideau de rösti) oder einem Röstizaun (barrière de rösti). Immer mehr wird allerdings sowohl in französisch- als auch in italienischsprachigen Medien der deutsche Begriff benutzt.
Der Versuch, in Anlehnung an den Röstigraben auch einen Polentagraben in die Sprachgewohnheiten zu verankern – der das sprachkulturelle Gefälle zwischen Italienischer und Deutschschweiz bezeichnen würde – war bisher weniger erfolgreich.
DOKUMENTE, PUBLIKATIONEN:
Christophe Büchi, Röstigraben. Das Verhältnis zwischen deutscher und französischer Schweiz – Geschichte und Perspektiven, NZZ, Zürich 2000, ISBN 3-85823-812-0
Kommentare
Christine Matthey am 6. August 2018, 12:52
Link zum Artikel der NZZ: „So ist die Mehrsprachigkeit in der Schweiz entstanden“: https://www.nzz.ch/schweiz/wie-sich-romanen-und-germanen-nahe-kamen-ld.1406748
Florin, Andri am 5. August 2018, 15:39
Der NZZ-Artikel zum 1.Aug. 2018 über die Entstehung der Sprachengrenze war fällig, einem Einwanderer sinnfällig. Die beschriebene gemeinsame Grundlage der Schweiz hilft zum besseren Verständnis, so wird die Eidgenossenschaft historisch plausibel und nachvollziehbar, sie ist nicht mehr so ganz willkürlich wie bisher immer wieder vorgestellt.
Baier J. am 15. Januar 2018, 9:04
Eine Auftrennung in zwei eigene Staaten würde das Minderheitsproblem der französischen Schweiz aufheben. Meines Erachtens eine Idee, welche diskutiert werden darf.
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